

Neustadt in Holstein. Am 3. Mai 2025 hat sich zum 80. Mal die Bombardierung der KZ-Häftlingsschiffe in der Neustädter Bucht gejährt. Über 7.000 Häftlinge, die sich auf den Schiffen „Cap Arcona“ und „Thielbek“ befanden, kamen dabei ums Leben. Zugleich ist es der 80. Jahrestag der Ankunft und Ermordung von Menschen aus dem KZ Stutthof sowie von den KZ-Häftlingen des Todesmarsches aus den Lagern Auschwitz-Fürstengrube und Mittelbau-Dora in Neustadt.
Nach dieser beispiellosen Tragödie hat sich Neustadt als zentraler Schauplatz der historischen Ereignisse für eine lokale, regionale und internationale Gedenk- und Erinnerungskultur zur Cap-Arcona-Katastrophe eingesetzt und plant daher direkt neben dem Zeittor-Museum mit dem Neubau eines Cap-Arcona-Dokumentationszentrums einen zeitgemäßen Gedenk-, Erinnerungs- und Lernort für die Geschehnisse zu schaffen. Der symbolische Spatenstich erfolgte am vergangenen Samstag. Das Projekt wird vom Bund, vom Land Schleswig-Holstein und von der Bürgerstiftung Schleswig-Holsteinische Gedenkstätten finanziert.
Das 1990 eröffnete Cap-Arcona-Museum, das die Geschichte des Nationalsozialismus und des Zweiten Weltkrieges zeigt, ist in der Fläche zu klein und soll durch einen modernen Neubau mit einer bis zu 300 Quadratmeter großen Ausstellungsfläche ersetzt werden. Der Neubau soll nach einem Wettbewerbsentwurf des Architekten Justus Pysall aus Berlin entstehen. „Geplant ist ein wichtiger Ankerpunkt für Erinnerung, Bildung und Begegnung“, erklärte Bürgermeister Mirko Spieckermann, der sich von diesem Ort Zukunft, Aktivität und Dynamik sowie Strahlkraft weit über Neustadt und Ostholstein hinaus verspricht.
„Ich schätze das Engagement der Stadt und der Zivilgesellschaft“, betonte Bildungsministerin Karin Prien bei ihrem letzten Termin für die Landesregierung in Schleswig-Holstein. Sie dankte allen, die dieses Vorhaben mit viel Beharrlichkeit begleitet haben und sieht ein Modellprojekt, das national und international leuchten wird. „Extremismus und Faschismus, dafür gibt es in diesem Land keinen Platz“, betonte Karin Prien.
„Dieses Dokumentationszentrum des Erinnerns wird der Dimension der Cap Arcona-Tragödie gerecht und ist ein aktiver Beitrag unserer demokratischen Gegenwart“, sagte Landrat Timo Gaarz und ergänzte: „Es braucht einen Ort, der Geschichte nicht relativiert, sondern klar verständlich macht.“
Ideengeber: Verein der Freunde und Förderer des Museums
Wie Uwe Muchow als 1. Vorsitzender mitteilte, war es die Initiative des Vereins der Freunde und Förderer des Museums der Stadt Neustadt, die den Weg zum Bau des Cap Arcona Dokumentationszentrum ebnete. Im Jahr 2019 hatte die Stadtverordnetenversammlung beschlossen, einen Raum im Zeittor-Museum mit einer Ausstellung zur Cap Arcona-Katastrophe zu bestücken. Der Vorstand des Museumsvereins ging 2019 aber einen Schritt weiter, hin zu dem Dokumentationszentrum, machte dabei den Weg möglich und fragte bei der Landesstiftung Schleswig-Holstein nach, was getan werden müsse, um ein solches errichten zu können. Daraufhin signalisierte Kultusministerin Karin Prien ihre Unterstützung und gab eine Machbarkeitsstudie in Auftrag. Nun überschlugen sich laut Uwe Muchow die Ereignisse, weil die Stadt nach Bitten durch den Förderverein das Nachbarhaus des Zeittor-Museums kaufte. Gleichzeitig gelang es dem Neustädter Jugendnetzwerk, großes Interesse über die Geschichte am Ende des Zweiten Weltkrieges bei den Neustädter Jugendlichen zu wecken. Die Bundestagsabgeordnete Bettina Hagedorn nahm die Neustädter Initiativen auf und ließ im Haushaltsausschuss des Bundestages 5 Millionen Euro für die Baumaßnahme bereitstellen. Das Verblüffende: bis zu diesem Zeitpunkt war noch nicht ein offizieller Antrag für diese Maßnahme gestellt worden – aber die Finanzierung war schon fast gesichert.
Das Dokumentationszentrum
Der Neubau erweitert das historische Zeittor-Museum mit einer geschwungenen Form. Der schiffsförmige Baukörper verweist dabei auf eine besondere Stimmung. Im Inneren wird ein ungeteiltes Raumvolumen erlebbar. Seine 25,80 Meter Raumtiefe entspricht der Breite der Cap Arcona. 7.100 Metallplatten kleiden das Dach innen aus - eine für jedes Opfer.
Der Bau beherbergt im Erdgeschoss ein Foyer und eine Multifunktionsfläche für Veranstaltungen und wechselnde Nutzungen sowie in beiden Obergeschossen Ausstellungsflächen und Räume für Forschung. Ein Erschließungskern an der Nahtstelle zwischen dem Neubau und dem bestehenden Museum verbindet die Gebäude für einen barrierefreien Rundgang durch beide Häuser miteinander. Der kleine Garten ist ein Ort für Ruhe und Besinnung. Sitzkreise und Bänke laden zum Verweilen ein.
Der Bauantrag wird bis Endes des Jahres gestellt, anschließend erfolgt die Ausschreibung. Das Gebäude soll bis Ende 2027 übergeben werden. Im letzten Schritt werden dann die Räumlichkeiten mit der Ausstellung gefüllt. (mg)