Seitenlogo
reporter Neustadt

Blinder Surfer meistert die größten Wellen der Welt

Von November bis März zieht Nazaré die wirklichen Big-Wave-Surfer aus der ganzen Welt an.

Von November bis März zieht Nazaré die wirklichen Big-Wave-Surfer aus der ganzen Welt an.

Bild: Thomas Ashlock

Ende November 2022 schaffte es Matt Formston eine weiters Kapitel in seiner Surf-Erfolgsgeschichte zu schreiben, und das direkt am Heiligen Gral der Wellenreiter in Nazaré. Dieser Strand an der portugiesischen Atlantikküste ist berühmt und berüchtigt bei allen, die diesen Sport ausüben, aber noch beeindruckender ist die Tatsache, dass Formston seine Sehkraft bereits in jungen Jahren verloren hat, und er der erste blinde Surfer ist, der diese großen Wellen bezwungen hat. Der 44-Jährige aus Sydney hat bereits als Kind sein Augenlicht verloren, hat aber sein ganzes Leben auf den Wellen an den Stränden Australiens verbracht. Seine Einschränkung hat ihn auch nicht gehindert, an Wettkämpfen teilzunehmen und sowohl nationale als auch internationale Titel zu gewinnen.

 

Obwohl er den Rekord für die größte gesurfte Welle der Welt in Nazaré nicht gebrochen hat – diesen Titel hält der deutsche Surfer Sebastian Steudtner, der eine Welle von 26,21 Meter herabsurfte – schätzt sein Team, dass er Wellen, die  bis zu 12 Meter hoch waren, herabgeritten ist, größer als so manches Einfamilienhaus.

 

Die Atlantikstadt Nazaré vor der Westküste Portugals ist zu einem Mekka für diejenigen geworden, die genug Mut haben, sich mit den größten Brechern Europas, aber auch weltweit, zu messen. Für die meisten von uns mag dies eine aberwitzige Idee sein, und wir würden uns lieber schnellen Autos, frühmorgendlichen Safaris in den Savannen Afrikas oder vielleicht dem Drehen von Roulette-Kesseln in einem der vielen High-Roller-Online-Casinos hingeben, um einen ordentlichen Adrenalinstoß zu erhalten.

 

Von November bis März zieht Nazaré die wirklichen Big-Wave-Surfer aus der ganzen Welt an, eine außergewöhnliche Gruppe von Männern und Frauen, die von verschiedenen Jet-Skis von Wellenkamm zu Wellenkamm geschleppt werden, bevor sie anschließend deren steile und fast senkrechte Wände hinabstürzen. Unzählige Touristen reisen von nah und fern an, um das Spektakel zu bestaunen, und um vor Ehrfurcht vor den Monsterwellen, die auf die Küste hereinrollen, und vor denen, die mutig genug sind, es mit ihnen aufzunehmen, den Hut zu ziehen.

 

Formston war nie jemand, der den Ozean fürchtete und er hat mehrfach bereits betont, dass er eines Tages in Nazaré gegen die Meers-Gewalten antreten werde, für ihn nicht mehr als eine ganz natürliche Entwicklung in seiner Karriere. Er hat die größten Wellen bezwungen, die er in den letzten fünf Jahren an der Ostküste Australiens angetroffen hat, und obwohl diese im Vergleich zu dem, was Nazaré produzieren kann, eher schmächtig sind, gab es nie einen Moment, in dem Matt aus einer Brandung zurückgekommen ist, weil diese atlantischen Urgewalten ihm zu mächtig schienen.

 

Er lernte das Wellenreiten als Kind, in der Zeit, als er in Narrabeen an Sydneys nördlichen Stränden aufwuchs, einem Ort, der einige der besten Surfer Australiens hervorgebracht hat, wie den zweifachen Weltmeister Damien Hardman. Nachdem er nur noch 5 % des Sehvermögens hatte – das Ergebnis der Diagnose einer Makuladystrophie – verließ sich Formston, als er ins Meer eintauchte und die Wellen spürte, immer mehr auf seine anderen Sinne. So konnte er nach Geräuschen und Gefühlen den Ozean aufsaugen.

 

Mit Hilfe einer weiteren Person, die ihm sagt, wann die Wellen kommen, gleitet Formston mühelos über die Wogen und fährt auch Kurven und Wendungen, die dem natürlichen Naturell des Wellenbruchs entsprechen. Er beschreibt seinen Vorderfuß, als eine Art Gehstock, der ihm jenes Feedback gibt, das er benötigt, um flüssig und anmutig zu bleiben. Sein Surfen ist so beeindruckend, dass lediglich sein Neopren-Anzug, der mit der Aufschrift „Blinder Surfer“ versehen ist, den vielen Zuschauern verrät, dass er eine Behinderung hat.

 

Er hat beim Blindsurfen schon immer alle möglichen und unmöglichen Grenzen überschritten und vier Weltmeisterschaften und eine Handvoll nationaler Titel gewonnen. Er gehört zu den weltweit herausragendsten behinderten Surfern und nahm kürzlich an den Pismo Beach World Para Surfing Championships 2022 teil.

 

Nazaré ist jedoch ein ganz anderes Kaliber, und wie alle anderen Big-Wave-Surfer musste Formston auch speziell für diese Herausforderung trainieren. Vor allem an der Atmung und an der Fähigkeit, bis zu fünf Minuten die Luft anzuhalten, wurde trainiert, denn dies ist notwendig, wenn man von einem der enormen Holddowns getroffen wird, die bei diesem weltberühmten Event immer wieder auftreten können.

 

Wie alle Surfer hier schleppten ihn Jetskis zu jenen Stellen, wo sich die Wellen brechen. Aber ab hier musste sich Formston auf die Pfeifgeräusche seines Teams verlassen, die ihm angeben, wann ein Brecher zu erwarten ist, denn selbst kann ja die Wellen nicht sehen. Erst mit diesen Hinweisen weiß er, wann es Zeit ist, um das Zugseil loszulassen und wann er im Wellental wenden muss, um der gigantischen Wildwasserlawine zu entkommen.

 

Der Event in Nazaré war ein enormer Erfolg für Formston, aber was kommt als nächstes für diesen unglaublichen Surfer? Er ist sicherlich hungrig danach, Ausschau nach weiteren Monsterwellen zu halten, so eventuell am legendären Break Jaws auf Hawaii. Und wahrscheinlich wird er auch an den Paralympics 2028 in Los Angeles teilnehmen, und hofft dort, auch um Medaillen mitreiten zu können.

 

 


UNTERNEHMEN DER REGION

Meistgelesen